Lot Essay
Schmidt-Rottluff was by temperament almost exclusively a landscape painter, and his bold colourist compositions represent some of the most seminal works of Die Brücke founded in Dresden in 1915.
The present painting, executed in 1910, is a particularly fine example from Schmidt-Rottluff's Dangast period. Between 1907 and 1912, he habitually spent the summer months on the Dangast moor near the North Sea. Working alongside Erich Heckel and Max Pechstein, Schmidt-Rottluff's landscapes of this period are notable for their astonishly powerful colours and for the speed and confidence with which they are painted. The present work is a particularly pure example of German Expressionist painting.
In his monograph on Schmidt-Rottluff, Will Grohmann notes: "Mit dem Jahre 1910 beginnt ein neuer Abschnitt im Schaffen Schmidt-Rottluffs, der bis Mitte 1912 anhält. Er faßt in den Dangaster Landschaften dieser Jahre Farbe und Form zusammen. An die Stelle der aufgeregten kleinteiligen und pastosen Farbsträhnen treten zügige Farbbahnen, mit denen er quasi zeichnet und die Gegenstände umschreibt, Wege, Rondells, Zäune, Baumstämme und Baumschlag, immer sich an den Charakter der Dinge haltend, die langgestreckten Furchen im Sand, die Zackenform der Hecken, den Umriß der Baumkronen, die Kuben der Dächer, die Rechtecke der Fenster. Neben den aktiven Farbbahnen gibt es nun auch schon ruhigere Flächen, die Häuserwände oder breitgelagerte Wiesenflächen bedeuten, mehr bedeuten als sind. Denn die Sprache, deren sich Schmidt-Rottluff bedient, ist alles andere als nachahmend. Ein aus dem Zusammenhang gerissenes Stück wäre gar nicht als dies oder jenes zu erkennen, so wenig isolierend ist der Duktus des Vortrags. Alles ist auf einmal da, im Prozeß des raschen Entstehens sowohl wie in dem des Betrachtens. Der Maler sieht in einen Park (1910, Tafel S. 173) oder eine Gartenlandschaft mit Häusern, eine Einfahrt (Kat. S. 255) oder eine Dorfecke (Kat. S. 255), ehe er noch anfängt zu arbeiten, sein Bild hinein, das die Eindrücke generalisiert und auf den Nenner seiner gefühlsamen und rasch kombinierenden Vorstellung bringt. Die ockerfarbenen Wegbahnen sind smaragdgrün gesäumt, helles Rot steht neben Kobaltblau, und in das Forte der bunten Klänge schneiden jetzt auch schon tiefschwarze Bässe ein. Die Einheit der Bildform beruht auf der ausdrucksgeladenen Geste der Niederschrift, die lückenlos ist, nirgends anstößt und nirgends abreißt. Sie ist weit entfernt von der Fauves, die Ordnung und Rhythmisierung des Bildes aus komplementären, in der Größe abgemessenen Farbflecken aufbauen.
Man könnte angesichts dieser bewegten Bilder von einem dynamischen Brücke - Stil sprechen, und die meisten denken bei dem Wort Brücke an eine Malerei wie diese. Die Eindrücke verallgemeinern sich in der Hitze des schöpferischen Impetus, werden zu gewaltigen Arabesken, die sich über die ganze Fläche ausbreiten, sich wiederholend und kontrastierend, immer aber in ihrer Bewegung von außen nach innen zurückkehrend. Es entsteht auf diese Weise einen Heroisierung und zuweilen sogar eine Monumentalisierung des Vorwurfs, der kühn die Welt als Wille und Vorstellung definiert. Das hinter der Erscheinung Liegende wird ebenso aktiv wie das bildnerische Handeln.
Von Mitte 1910 an entstehen noch viel großartigere Bilder, Landschaften und Figurenbilder, die Fläche gegen Fläche setzen, auf jedes Detail verzichten und sich auf wenige komplementäre Farben beschränken, zumeist auf Gelb, Zinnober, Kobalt und Nachbarfarben wie Orange, Carmin, Saftgrün, dazu Schwarz als Stütze des Bildgerüsts. Der Weg führt von dem Gutshof in Dangast (Farbtafel S. 21) über die Tannen vor weißem Haus (Tafel S. 180) und die Norwegen-Landschaften von 1911 (Lofthus Farbtafel S. 31, Oppedal Kat. S. 256, Skrygedal Kat. S. 256) zu den Nächtlichen Häusern (Farbtafel S. 37) und dem Petriturm (Kat. S. 256) von 1912. Zu dieser Gruppe gehören noch einige Dangaster Aquarelle (Kat. S. 278) aus Rot-und Blautönungen, die in ihrer gewollten Primitivität und Ausdruckskraft, obwohl ohne Konturierung, Gauguin näher stehen als van Gogh. Hier ist nun jede äußerlich sichtbare Dynamik unterdrückt zugunsten einer grandiosen Ruhe und Feierlichkeit. Die Intensität des Kobaltblau und Carminrot, die völlige Abkehr von der Gegenstandsfarbe wirkt wie ein Bekenntnis zur Natur an sich, und hier könnte man von ferne auch an Munchs Landschaften von 1900 denken, jene Sinnbilder eines panischen Naturgefühls, an die weißen Häuser mit den toten Augen, nur daß Munch auch hier das Psychologische betont und im Hintergrund den Pantragismus seiner Spezies Mensch ahnen läßt. Davon ist bei Schmidt-Rottluff nichts zu spüren. Seine Bilder sind aus großen farbigen gegeneinander gestellten Flächen festgefügt und gehen in nichts über den Rahmen des Bildnerischen hinaus. Sie sind stumm, beschreiben nichts und geben lediglich durch die Ausdrucksgewalt der Farbe Rechenschaft von des Malers Vorstellung. Vielleicht paßt auf diese Bilder am ehesten der Begriff Expressionismus, aber es wäre abwegig, in ihnen in erster Linie einen Ausdruck von Empfindungen zu sehen. Aus subjektiven Gefühlsmitteilungen entstehen keine Bilder, die aufgebaut sind wie eine Architektur und dennoch in der Fläche bleiben."
To be included in the forthcoming Schmidt-Rottluff Werkverzeichnis der Ölgemälde, currently being prepared by Dr. Magdalena Moeller of the Brücke Museum, Berlin
The present painting, executed in 1910, is a particularly fine example from Schmidt-Rottluff's Dangast period. Between 1907 and 1912, he habitually spent the summer months on the Dangast moor near the North Sea. Working alongside Erich Heckel and Max Pechstein, Schmidt-Rottluff's landscapes of this period are notable for their astonishly powerful colours and for the speed and confidence with which they are painted. The present work is a particularly pure example of German Expressionist painting.
In his monograph on Schmidt-Rottluff, Will Grohmann notes: "Mit dem Jahre 1910 beginnt ein neuer Abschnitt im Schaffen Schmidt-Rottluffs, der bis Mitte 1912 anhält. Er faßt in den Dangaster Landschaften dieser Jahre Farbe und Form zusammen. An die Stelle der aufgeregten kleinteiligen und pastosen Farbsträhnen treten zügige Farbbahnen, mit denen er quasi zeichnet und die Gegenstände umschreibt, Wege, Rondells, Zäune, Baumstämme und Baumschlag, immer sich an den Charakter der Dinge haltend, die langgestreckten Furchen im Sand, die Zackenform der Hecken, den Umriß der Baumkronen, die Kuben der Dächer, die Rechtecke der Fenster. Neben den aktiven Farbbahnen gibt es nun auch schon ruhigere Flächen, die Häuserwände oder breitgelagerte Wiesenflächen bedeuten, mehr bedeuten als sind. Denn die Sprache, deren sich Schmidt-Rottluff bedient, ist alles andere als nachahmend. Ein aus dem Zusammenhang gerissenes Stück wäre gar nicht als dies oder jenes zu erkennen, so wenig isolierend ist der Duktus des Vortrags. Alles ist auf einmal da, im Prozeß des raschen Entstehens sowohl wie in dem des Betrachtens. Der Maler sieht in einen Park (1910, Tafel S. 173) oder eine Gartenlandschaft mit Häusern, eine Einfahrt (Kat. S. 255) oder eine Dorfecke (Kat. S. 255), ehe er noch anfängt zu arbeiten, sein Bild hinein, das die Eindrücke generalisiert und auf den Nenner seiner gefühlsamen und rasch kombinierenden Vorstellung bringt. Die ockerfarbenen Wegbahnen sind smaragdgrün gesäumt, helles Rot steht neben Kobaltblau, und in das Forte der bunten Klänge schneiden jetzt auch schon tiefschwarze Bässe ein. Die Einheit der Bildform beruht auf der ausdrucksgeladenen Geste der Niederschrift, die lückenlos ist, nirgends anstößt und nirgends abreißt. Sie ist weit entfernt von der Fauves, die Ordnung und Rhythmisierung des Bildes aus komplementären, in der Größe abgemessenen Farbflecken aufbauen.
Man könnte angesichts dieser bewegten Bilder von einem dynamischen Brücke - Stil sprechen, und die meisten denken bei dem Wort Brücke an eine Malerei wie diese. Die Eindrücke verallgemeinern sich in der Hitze des schöpferischen Impetus, werden zu gewaltigen Arabesken, die sich über die ganze Fläche ausbreiten, sich wiederholend und kontrastierend, immer aber in ihrer Bewegung von außen nach innen zurückkehrend. Es entsteht auf diese Weise einen Heroisierung und zuweilen sogar eine Monumentalisierung des Vorwurfs, der kühn die Welt als Wille und Vorstellung definiert. Das hinter der Erscheinung Liegende wird ebenso aktiv wie das bildnerische Handeln.
Von Mitte 1910 an entstehen noch viel großartigere Bilder, Landschaften und Figurenbilder, die Fläche gegen Fläche setzen, auf jedes Detail verzichten und sich auf wenige komplementäre Farben beschränken, zumeist auf Gelb, Zinnober, Kobalt und Nachbarfarben wie Orange, Carmin, Saftgrün, dazu Schwarz als Stütze des Bildgerüsts. Der Weg führt von dem Gutshof in Dangast (Farbtafel S. 21) über die Tannen vor weißem Haus (Tafel S. 180) und die Norwegen-Landschaften von 1911 (Lofthus Farbtafel S. 31, Oppedal Kat. S. 256, Skrygedal Kat. S. 256) zu den Nächtlichen Häusern (Farbtafel S. 37) und dem Petriturm (Kat. S. 256) von 1912. Zu dieser Gruppe gehören noch einige Dangaster Aquarelle (Kat. S. 278) aus Rot-und Blautönungen, die in ihrer gewollten Primitivität und Ausdruckskraft, obwohl ohne Konturierung, Gauguin näher stehen als van Gogh. Hier ist nun jede äußerlich sichtbare Dynamik unterdrückt zugunsten einer grandiosen Ruhe und Feierlichkeit. Die Intensität des Kobaltblau und Carminrot, die völlige Abkehr von der Gegenstandsfarbe wirkt wie ein Bekenntnis zur Natur an sich, und hier könnte man von ferne auch an Munchs Landschaften von 1900 denken, jene Sinnbilder eines panischen Naturgefühls, an die weißen Häuser mit den toten Augen, nur daß Munch auch hier das Psychologische betont und im Hintergrund den Pantragismus seiner Spezies Mensch ahnen läßt. Davon ist bei Schmidt-Rottluff nichts zu spüren. Seine Bilder sind aus großen farbigen gegeneinander gestellten Flächen festgefügt und gehen in nichts über den Rahmen des Bildnerischen hinaus. Sie sind stumm, beschreiben nichts und geben lediglich durch die Ausdrucksgewalt der Farbe Rechenschaft von des Malers Vorstellung. Vielleicht paßt auf diese Bilder am ehesten der Begriff Expressionismus, aber es wäre abwegig, in ihnen in erster Linie einen Ausdruck von Empfindungen zu sehen. Aus subjektiven Gefühlsmitteilungen entstehen keine Bilder, die aufgebaut sind wie eine Architektur und dennoch in der Fläche bleiben."
To be included in the forthcoming Schmidt-Rottluff Werkverzeichnis der Ölgemälde, currently being prepared by Dr. Magdalena Moeller of the Brücke Museum, Berlin